Optischer Fluss

Der optische Fluss ermöglicht es uns und vielen anderen Tierarten, Bewegungen des eigenen Körpers in Beziehung zur Umwelt zu setzen und so auf Kurs zu bleiben. Der optische Fluss kann auf einem Foto illustriert werden, wenn wir mit einer Kamera bei geöffneter Blende einen Schritt nach vorne gehen (siehe Abbildung). Das Abbild der Umgebung zieht dabei in Gegenrichtung an uns beziehungsweise der Kamera vorbei.

Optischer Fluss beschreibt die in dieser Situation auftretende, charakteristische Verteilung lokaler Bewegungsrichtungen über das gesamte visuelle Feld. Auf der Netzhaut des Auges bewegen sich dabei unterschiedlich weit entfernte Objekte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Aus dem optischen Fluss berechnet das Gehirn Antworten auf bewegungsrelevante Fragen: Bewege ich mich, oder etwas in der Umwelt? In welche Richtung bewege ich mich? Bewege ich mich geradeaus oder drehe ich mich? Wie weit sind die Objekte von mir entfernt? Wann treffe ich auf eines der Objekte? So kann etwa ein Zusammenstoß vermieden werden. Diese Zusammenhänge ermöglichen auch das Navigieren selbstfahrender Autos und die sanfte Landung von Flugrobotern.

Im Gehirn existieren bewegungsempfindliche Nervenzellen, die speziell auf optische Fluss-Reize reagieren. Sie übersetzen den optischen quasi in einen neuronalen Fluss. Forscher am Max-Planck-Institut für Neurobiologie untersuchen, wie optischer Fluss im Gehirn von Fliegen und Zebrafischen verarbeitet wird.

Von der Wahrnehmung zur Verhaltensänderung

Der optische Fluss ist die Grundlage für Kurskorrekturen. Eine Fliege, die durch eine Böe oder ein Fisch, der durch die Strömung nach vorne oder hinten abtreibt (Translation), bewegt sich in die gleiche Richtung wie die wahrgenommene Bewegung, um auf Kurs zu bleiben. Diese so genannte optomotorische Reaktion (OMR) ist angeboren.

Kommt es dagegen zu einer Rotation, reagieren Tiere mit beweglichen Augen mit einem anderen Kompensationsmechanismus, der ebenfalls angeborenen optokinetischen Reaktion (OKR). Dabei verfolgt das Tier, zum Beispiel ein Fisch, mit rotierenden Augenbewegung die Objekte im Sichtfeld. So bleibt das Abbild der Umwelt auf der Netzhaut stabil. Tiere mit starren Augen, wie zum Beispiel Fliegen, müssen ihren gesamten Körper drehen und reagieren daher auf einen Rotationsstimulus mit einer Drehbewegung als optokinetische Reaktion.

Mithilfe komplexer Integration können spezialisierte Zellen im Gehirn zwischen Translation und Rotation unterscheiden. Wie das Gehirn diese und andere Berechnungen durchführt, wird noch im Detail untersucht. Was jedoch geschieht, wenn das Gehirn noch Schwierigkeiten mit der Verarbeitung des optischen Flusses hat, lässt sich bei Kleinkindern beobachten: Zeigt man ihnen ein expandierendes Flussmuster verlieren sie schnell das Gleichgewicht.

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