Neuronale Schaltkreise der Angst

Nadine Gogolla erhält ERC Starting Grant zur Erforschung der Inselrinde

6. September 2017

Angsterkrankungen gehören zu den häufigsten psychiatrischen Störungen. Wie Angst und Furcht jedoch im Gehirn entstehen und unser Verhalten beeinflussen, ist nach wie vor unklar. Forscher vermuten, dass die Inselrinde des Gehirns dabei eine wichtige Rolle spielt. Dies wollen Nadine Gogolla und ihr Team am Max-Planck-Institut für Neurobiologie genauer untersuchen. Ein Vorhaben, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) nun mit einem Starting Grant unterstützt wird. Der Wissenschaftlerin stehen damit 1,5 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren für die Umsetzung ihres Forschungsvorhabens zur Verfügung.

Angst und Furcht sollen vor gefährlichen Situationen warnen und bewahren. Werden diese Emotionen jedoch zu stark oder entstehen zu häufig, können Angsterkrankungen die Folge sein. Um natürliches und krankhaftes Angstverhalten besser zu verstehen, müssen Wissenschaftler die zugrundeliegenden Vorgänge im Gehirn nachvollziehen können. Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass verschiedene Gehirnbereiche Gefühle und Emotionen mit Informationen aus der Umgebung zusammenzubringen und so unser Verhalten beeinflussen. Eine zentrale Rolle in diesem Netzwerk scheint die sogenannte Inselrinde zu spielen. Dieser eingesenkte Teil der Großhirnrinde ist wichtig für das Regulieren von Emotionen, aber auch an Fähigkeiten wie Empathie und Sozialverhalten beteiligt. Wie die Nervenzellen der Inselrinde zu funktionellen Schaltkreisen verbunden sind und welche Aufgaben sie genau erfüllen, ist derzeit unklar.

Nadine Gogolla und ihr Team wollen die Struktur und Funktion der Inselrinde besser verstehen. Am Modell der Maus wollen sie untersuchen, wie die neuronalen Netzwerke der Inselrinde aufgebaut sind, wie sie Emotionen wie Angst und Furcht verarbeiten und wie sie dadurch Verhalten beeinflussen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Inselrinde von Mäusen ähnlich wie die des Menschen bei Furcht- und Angstverhalten aktiv ist. Mit Hilfe moderner neurobiologischer Methoden, kombiniert mit unterschiedlichen klassischen und neu erdachten Verhaltensexperimenten, wollen die Forscher mit Hilfe des nun bewilligten ERC Starting Grants die Aktivität und Aufgaben der Inselrinde auf neuronaler Ebene entschlüsseln. Neben einem besseren Verständnis der Funktionen des Gehirns sollten die Ergebnisse auch als Forschungsgrundlage für menschliche Angsterkrankungen hilfreich sein.

Die Preisträgerin

Nadine Gogolla studierte Humanbiologie an der Philips Universität in Marburg. Für ihre Doktorarbeit forschte sie am Friedrich Miescher Institut für Biomedizinische Forschung in Basel und wurde in Neurobiologie an der Universität von Basel promoviert. Im Anschluss ging sie an die Harvard University in Cambridge, USA. Seit Januar 2014 leitet Nadine Gogolla die Max-Planck-Forschungsgruppe Schaltkreise der Emotionen am Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Für ihre Forschung erhielt sie bereits mehrere Auszeichnungen und Stipendien.

Der Europäische Forschungsrat (ERC)

Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, kurz ERC) unterstützt mit seinen Starting Grants talentierte Wissenschaftler/innen in den ersten Jahren einer unabhängigen Karriere. In der vergangenen Wettbewerbsrunde gingen insgesamt 3085 Anträge auf einen Starting Grant beim ERC ein. Von diesen wurden rund 13 Prozent bewilligt: das Gesamtbudget von 605 Millionen Euro verteilt sich auf 405 Anträge aus 23 Nationen. In Deutschland wurden 67 Bewerber mit einen der begehrten Starting Grants ausgezeichnet.

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