Albert Herz, 1921 – 2018

Prof. Dr. Dr. h.c. Albert Herz, herausragender Neuropharmakologe und geschätzter Kollege, verstarb am 09. November friedlich im Alter von 97 Jahren

12. November 2018

Albert Herz kam 1962 an das Theoretischen Teilinstitut des Max-Planck-Instituts (MPI) für Psychiatrie, dem heutigen MPI für Neurobiologie, wo er zunächst eine Forschungsgruppe und später die Abteilung “Neuropharmakologie” leitete. Mit seinem Team erforschte er die Wirkungsmechanismen von Morphin und anderen Opiaten im Gehirn. Die Ergebnisse seiner Arbeiten haben grundlegende Mechanismen der Drogenabhängigkeit aufgeklärt und werden auch heute noch in der modernen Schmerztherapie (Morphium), der Suchttherapie (Methadon), und bei der Einschätzung des Suchtpotentials von Schmerzmitteln eingesetzt.

Mit der Isolierung von Morphin Anfang des 19. Jahrhunderts stand Ärzten und Medizinern ein äußerst potentes Schmerzmittel zur Verfügung das, bei falscher Dosierung, jedoch rasch in eine Abhängigkeit führt. Auch in Hinblick auf die auftretenden Fälle von Morphin-Missbrauch untersuchte Albert Herz die Wirkung von Opiaten. Ende der 1960er Jahre konnte er die Gehirnregion identifizieren, in der Morphin seine schmerzregulierende Wirkung entfaltet: das zentrale Höhlengrau des Mittelhirns. Zudem konnte sein Team erstmals zeigen, dass Morphin die Aktivität einzelner Nervenzellen hemmen kann.

Die Ergebnisse dieser und anderer Studien machten Albert Herz international bekannt. Neben seinen Arbeiten zur Funktion der Opiate untersuchte der Neurobiologe auch Substanzen mit einer morphinartigen Wirkung, die Opioide. Es gelang ihm, bis dahin unbekannte Opioide zu identifizieren. Seine Forschungsarbeiten zeigten, wie Opioide, zu denen auch die körpereigenen Endorphine gehören, durch Pharmaka, Stress oder Schmerz beeinflusst werden.

Im Rahmen seiner Arbeiten zur Rolle der Opioide im Schmerzgeschehen konnten Albert Herz und seine Mitarbeiter erstmals die lokale Wirkung von Opioiden beim Entzündungsschmerz nachweisen. Zudem brachten die Studien wichtige Einblicke in psychiatrische Aspekte der Opioide und in die molekularen Mechanismen der Opiatabhängigkeit. Mit ihrem Schwerpunkt in der Opioid-, Schmerz- und Suchtforschung war die Forschungsgruppe um Albert Herz zu der damaligen Zeit einzigartig in Europa.

Albert Herz liebte klare Worte und scheute keine wissenschaftlichen Auseinandersetzungen oder politischen Diskussionen, akademisches Getue war ihm fremd. Im Oberallgäu aufgewachsen hat er mit Freunden viele Kletter- und Skitouren durchgeführt, bei denen man sich absolut aufeinander verlassen können musste. Dies hat ihn geprägt und mag auch seine Entschlusskraft und Beharrlichkeit erklären. Für viele junge Forscher, darunter eine große Zahl aus dem damaligen Ostblock, war er ein wichtiger Mentor, auf dessen wissenschaftliche Inspiration und persönliche Unterstützung sie jederzeit zählen konnten. Unvergessen bleiben die sommerlichen Gartenfeste der Abteilung, zu deren Gelingen auch die drei Kinder beitragen durften. Seine Frau Marliese, die viel zu früh bereits 2001 gestorben ist, war ihm eine großartige Unterstützung in allen Lebenslagen, und trug das ihre dazu bei, dass die Abteilung von den vielen Mitarbeitern und Gästen als eine große Familie empfunden wurde.

Wir danken Albert Herz für die mehr als 50 Jahre, in denen er das Institut anfangs prägte und später aufmerksam begleitete. In unserer Erinnerung wird er weiterleben und ein Vorbild sein.

Albert Herz wurde am 5. Juni 1921 in Sonthofen als Kaufmannssohn geboren. Er studierte Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, wo er 1948 promovierte. Im Anschluss arbeitete er in der Pathologie, der Inneren Medizin und dem Pharmakologischen Institut der LMU und habilitierte in Pharmakologie und Toxikologie. 1962 wechselte Albert Herz an das Theoretische Teilinstitut des Max-Planck-Instituts (MPI) für Psychiatrie, wo er 1972 zum Direktor der Abteilung Neuropharmakologie berufen wurde. Zusammen mit dem Theoretischen Teilinstitut zog die Abteilung von Albert Herz 1984 auf den Campus Martinsried um. 1998 wurde das Teilinstitut als eigenständiges MPI für Neurobiologie anerkannt. Ab 1989 war Albert Herz Emeritiertes Wissenschaftliches Mitglied des Instituts.

Für seine Forschung erhielt Albert Herz zahlreiche Auszeichnungen. Dazu zählen der Nathan B. Eddy Memorial Award des College on Problems of Drug Dependence (CPDD), der Ehrendoktortitel der Medizinischen Akademie in Warschau, die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina) und die Ehrenmitgliedschaften in der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes, der Arbeitsgemeinschaft für Neuro-Psychopharmakologie und Pharmapsychiatrie (AGNP) und der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.. 1969 gründete Albert Herz mit Kollegen die internationale Organisation zur Erforschung der Narkotika (INRC).

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