Kerstin Berer erhält den James-Heineman-Forschungspreis

60.000 Euro für junge Neurobiologin

3. Juli 2012
Die Erkenntnisse von Dr. Kerstin Berer haben Aufsehen erregt: Zusammen mit ihren Kollegen am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried und dem MPI für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg fand sie heraus, dass eigentlich nützliche Bakterien der gesunden Darmflora entscheidend zur Entstehung von Multipler Sklerose beitragen. Daraus ergibt sich ein ganz neuer Ansatz für die Therapieforschung zu dieser häufigen Autoimmunerkrankung. Nun würdigt die James-Heineman-Stiftung die Arbeit von Kerstin Berer mit ihrem Forschungspreis. Das Preisgeld von 60.000 Euro soll die 30jährige für weitere Forschungs-vorhaben verwenden.

Bei der Multiplen Sklerose (MS) attackieren Zellen des Immunsystems das eigene Nervengewebe. Bleibende Behinderungen wie Lähmungen, Empfin-dungs- und Sehstörungen, aber auch Koordinations- und Gedächtnisprobleme sind häufig die Folge. Allein in Deutschland sind schätzungsweise 120.000 Menschen betroffen. Trotz der jahrzehntelangen Erforschung der MS ist nach wie vor unklar, wodurch die Krankheit ausgelöst wird. Therapien können daher nicht am Ursprung der Krankheit ansetzen, sondern behandeln vor allem die Symptome.

Es gibt indirekte Hinweise, dass die MS durch eine Kombination genetischer Veranlagung und Faktoren aus der Umwelt entsteht. Als solch ein äußerer Einfluss gelten Krankheitserreger. Jedoch konnte bislang kein Erreger mit der MS in Verbindung gebracht werden. Kerstin Berer und ihre Kollegen haben nun herausgefunden, dass nicht krankmachende, sondern nützliche Bakterien der eigenen, gesunden Darmflora, die Multiple Sklerose auslösen. In der dazugehörigen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature berichten die Forscher: Im Versuch entwickelten genetisch veränderte Mäuse spontan eine der menschlichen Erkrankung ähnliche Entzündung im Gehirn, wenn sie eine normal ausgeprägte Darmflora besaßen. Komplett keimfrei gehaltene Mäuse blieben dagegen gesund. Die Mikroorganismen der gesunden Darmflora aktivierten bei den genetisch vorbelasteten Mäusen zunächst die T-Zellen des Immunsystems und in einem weiteren Schritt B-Immunzellen.

Die Ergebnisse verweisen auf ein von Neuroimmunologen bisher wenig beachtetes Organ, den Darm, als Ansatzstelle für Therapien. So wollen die Forscher als nächstes die Darmflora von MS-Patienten untersuchen, um MS-auslösende Bakterien beim Menschen zu identifizieren. Darauf aufbauend könnten durch die Inaktivierung dieser Bakterien neue, nicht-invasive Therapien entstehen.

Kerstin Berer (*1982) studierte Biologie an der Universität von Salzburg. Für ihre Masterarbeit ging sie an die University of Aberdeen (Schottland), wo sie im Anschluss auch ihre Doktorarbeit absolvierte. Im Januar 2008 kam Kerstin Berer für ihre anschließende Forschungsarbeit an das Max-Planck-Institut für Neurobiologie, wo sie seitdem in der Abteilung Neuroimmunologie unter der Leitung von Prof. Hartmut Wekerle arbeitet.

Der James-Heineman-Forschungspreis

Der James-Heineman-Forschungspreis wird in Anerkennung hervorragender Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Bio- und Medizinwissenschaften verliehen. Es können Wissenschaftler vorgeschlagen werden, die einen akademischen Abschluss, aber noch keine Professur innehaben. Der Preis wird im jährlichen Wechsel an Wissenschaftler vergeben, die bei der Max-Planck-Gesellschaft, dem Heineman Institute of Cardiology (USA) oder dem Weizman Institute of Science (Israel) beschäftigt sind.

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